Digitalis purpurea L. (Roter Fingerhut)
Nomenklatur & Systematik
- Familie
Scrophulariaceae
- Gattung (botanisch) / Sektion
Digitalis
- Artname (botanisch)
Digitalis purpurea L.
- Synonyme (botanisch)
- -
- Gattung (deutsch)
Fingerhut
- Artname (deutsch)
Roter Fingerhut
- Andere Artnamen & Volksnamen (international)
Common foxglove (engl.), Fingerkraut (ger.), Fingerpiepen (ger.), Fuchskraut (ger.), Handschuhkraut (ger.), Liebfrauenhandschuh (ger.), Potschen (ger.), Red foxglove (engl.), Schwulstkraut (ger.), Waldglöckchen (ger.), Waldglocke (ger.), Waldschelle (ger.)
Geobotanik & Ökologie
- Klimazonen
6, 4, 8
- Klimaregionen (Mikroklimata)
- Biotoptypen
T2.1.1.1, T2.2.1, T10.3.3.1 (Wald)
- Standortbedingungen
- Bodentypen / Bodenbedingungen
- Standortfaktoren (Ökofaktoren)
- Licht
7
- Temperatur
5
- Feuchtigkeit
5
- Wind
2
- pH-Klasse
3
- Stickstoff
6
- Salz
0
- Soziol. Pflanzencharakteristik
- Lebensform
- Blattausdauer
- Messtischblattfrequenz Mitteleuropas
- Dominanz
- Blütezeit
VI-VIII [4]
- Erntezeit
Im Herbst des 1. Kulturjahres [4]
Pharmazie & Pharmakologie
- Giftigkeit / Risikopotential
3, 2-3(?) [4], Al(h)
- Nebenwirkungen / Risikobemerkungen
CAVE: Geringe therapeutische Breite! [4]; Wegen der Giftigkeit keine Selbstmedikation! [18]; Vergiftungen durch Verwechslung z.B. mit Borretschblättern möglich! [4]; v.a. Vergiftungen durch hohe Empfindlichkeit der Patienten sowie die dadurch leicht gegebene Überdosierung von Fertigarzneimitteln möglich! [4]; Neue Studien weisen daruaf hin, dass Patienten, die eine Frequenzkontrolle mit Digitalispräparaten erhalten, eine erhöhte Gesamtmortalität aufweisen (AFFRIM-Studie) [Pharma]; dies könnte dazu führen, dass Digitalis in Zukunft nicht mehr zur Frequenzkontrolle bei Tachyarrhythmia absoluta verwendet wird! [Pharma]
- Giftige / Allergene Pflanzenteile
Ganze Pflanze, Blätter
- Pflanzliche Inhaltsstoffe
Komlexe Mischungen von etwa 80 herzwirksamen Cardenolid-Primärglykosiden [4][18] (wie Purpureaglykosid A+B [4][18] (bis zu 0,4 % [18]), aus denen nach enzymatischer Abspaltung eines Moleküls Glucose die Sekundärglykoside Digitoxin [4][18] bzw. Gitoxin [4] entstehen), Glucogitaloxin, Digitalinum verum, Glucoverodoxin, u.a. >30 weitere herzwirksame Cardenolidglykoside [4]), Pregnanglykoside [4] (Digitanolglykoside [4], nicht herzwirksam [4]), Saponine [18]/Steroidsaponine [4] (hoher Gehalt [18], wie Digitonin [4]), Anthrachinone [4]
- Pharmakologische Studienergebnisse
Die Droge selbst wird wegen ihrer geringen therapeutischen breite nicht verwendet (ausgenommen wenige homöopathische Zubereitungen) [4][18], sie dient ausschließlich als Ausgangsmaterial zur Gewinnung der Reinglykoside und partialsynthetisch abgewandelter Produkte (verschreibungspflichtig) [4], v.a. Digitoxin [PhEur] [18]; Zubereitungen der reinen Glykoside zum oralen Gebrauch (Tabletten oder Tropfen) oder zur Injektion werden sorgfältig eingestellt [18]; Digitalis (Digoxin und Digitoxin) wird seit 1785 zur Behandlung von Herzinsuffizienz, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen verwendet [18]; die Cardenolidglykoside hemmen selektiv die Na+/K+-ATPase und erhöhen somit indirekt die Ca2+-Konzentration intrazellulär in den Herzmuskelzellen [18], Digoxin und Digitoxin führen so zu einer Kontraktionskraftsteigerung (positiv inotrop), erhöhtem Schlagvolumen, Verlangsamung der Herzschlagfrequenz (negativ chronotrop) und durch eine Vaguserregung zu einer Verlangsamung der AV-Erregungsüberleitung im Herzen (negativ dromotrop) [18, Pharma]; Dies ist nur bei einer Herzinsuffizienz Stadium NYHA II und nur bei gleichzeitigem tachykardem Vorhofflimmern oder bestehenden Beschwerden nach adäquater Erstlinientherapie indiziert [Pharma]; Herzglykoside werden bei Tachyarrhythmie mit Vorhofflimmern und einer chronischen Linksherzinsuffizienz ab NYHA III eingesetzt [Pharma]; Homöopathisch bei Migräne einzusetzen [4]
- Vergleiche zu ähnlichen Pflanzen
Die Sekundärglykoside Acetyldigitoxin und Acetylgitoxin stimmen mit den Sekundärglykosiden von Digitalis lanata überein [4]
- Standortbesonderheiten (biochemisch / geoökochemisch)
Wirkstoffgehalt variabel, steigt bei Glashauspflanzen
- Konservieren & Aufbewahren
Medizin & Rezepturen
- Evidenzbasierte Medizin EbM / Monographien (Evidenzgrad I-IV)
- Pharm. / labor. Studienergebnisse (Evidenzgrad V-VI)
- Monographien (obsolet)
- Traditionelle Volksmedizin
- Homöopathie
- Anthroposophische Medizin
- Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Wechselwirkungen
- Darreichungsformen & Zubereitungen
Standardisierte Reinglykoside [4][18] (exakte Dosierungsmöglichkeit [4], v.a. das Digitoxin [4][18]) als rezeptpflichtige Fertigarzneimittel (Drogenpulver auf standardisierten Wirkstoffgehalt eingestellt) [4][18] als Tabletten [18] oder Tropfen [18] oder zur i.v.-Injektion [18], Äußerliche Drogenzubereitungen bzw. Glykosidgemische in Wundmitteln [4] oder Venentonika [4] sowie Augentropfen gegen Ermüdungserscheinungen beim Nahsehen [4]; Hom: Digitalis purpurea [4], "Digitalis" [HAB] [4]
- Arzneimittel & Fertigpräparate (Beispiele)
- Medizinische Rezepturen
[Standardisierte Zubereitungen]: TD 0,1-2 mg (manchmal in mehreren geringen Einzeldosen, je nach spezifischer Behandlung und eingesetztem Glykosidtyp, individuell auf jeden Patienten angepasst) [18]; [Digitoxin-Präparat/Digimerck]: TD 1 µg/kg KG (t1/2 = 3 Wochen, für schnellen Wirkeintritt während der ersten 3 Tage: TD ca. 3 µg/kg KG) [Pharma]; Digoxin-Präparat/Novodigal]: TD ca. 4 µg/kg KG (t1/2 = 3 Tage) [Pharma]
- Rezepte - Essen & Trinken
Nutzpflanzenkunde & Ethnobotanik
Quellenangaben
- [4] Schönfelder I. & Schönfelder P. (2011): Das neue Handbuch der Heilpflanzen; Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart
- [12] Haeupler H. & Muer T. (2007): Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands; Ulmer Verlag, Stuttgart
- [18] Van Wyk B.E., Wink C., Wink M. (2004): Handbuch der Arzneipflanzen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
- Autoren
- Letzte Änderung
14.10.2024