Nomenklatur & Systematik

Familie

Scrophulariaceae

Gattung (botanisch) / Sektion

Digitalis

Artname (botanisch)

Digitalis purpurea L.

Synonyme (botanisch)
-
Gattung (deutsch)

Fingerhut

Artname (deutsch)

Roter Fingerhut

Andere Artnamen & Volksnamen (international)

Common foxglove (engl.), Fingerkraut (ger.), Fingerpiepen (ger.), Fuchskraut (ger.), Handschuhkraut (ger.), Liebfrauenhandschuh (ger.), Potschen (ger.), Red foxglove (engl.), Schwulstkraut (ger.), Waldglöckchen (ger.), Waldglocke (ger.), Waldschelle (ger.)

Geobotanik & Ökologie

Geographische Herkünfte (H) / Verbreitungen (V) / Anbaugebiete (A)

H: W-Eu [4], N-Marokko [4][18], Eu [18] (ohne östl. M-Eu [18]), Blk [18]; V: weltweit verschleppt und verwildert [4]; A: weltweit [4][18]

Klimazonen

6, 4, 8

Klimaregionen (Mikroklimata)
Biotoptypen

T2.1.1.1, T2.2.1, T10.3.3.1 (Wald)

Standorttypen

Schlagfluren [4], Wälder (licht) [4][12], Standort (licht) [4]

Standortbedingungen
Bodentypen / Bodenbedingungen
Standortfaktoren (Ökofaktoren)
Licht

7

Temperatur

5

Feuchtigkeit

5

Wind

2

pH-Klasse

3

Stickstoff

6

Salz

0

Soziol. Pflanzencharakteristik
Lebensform
Blattausdauer
Messtischblattfrequenz Mitteleuropas
Dominanz
Blütezeit

VI-VIII [4]

Erntezeit

Im Herbst des 1. Kulturjahres [4]

Pharmazie & Pharmakologie

Giftigkeit / Risikopotential

3, 2-3(?) [4], Al(h)

Nebenwirkungen / Risikobemerkungen

CAVE: Geringe therapeutische Breite! [4]; Wegen der Giftigkeit keine Selbstmedikation! [18]; Vergiftungen durch Verwechslung z.B. mit Borretschblättern möglich! [4]; v.a. Vergiftungen durch hohe Empfindlichkeit der Patienten sowie die dadurch leicht gegebene Überdosierung von Fertigarzneimitteln möglich! [4]; Neue Studien weisen daruaf hin, dass Patienten, die eine Frequenzkontrolle mit Digitalispräparaten erhalten, eine erhöhte Gesamtmortalität aufweisen (AFFRIM-Studie) [Pharma]; dies könnte dazu führen, dass Digitalis in Zukunft nicht mehr zur Frequenzkontrolle bei Tachyarrhythmia absoluta verwendet wird! [Pharma]

Giftige / Allergene Pflanzenteile

Ganze Pflanze, Blätter

Nutzbare Pflanzenteile

Getrocknete Rosettenblätter (Digitalis purpureae folium) [Pharm, PhEur] [4][18]

Pflanzliche Inhaltsstoffe

Komlexe Mischungen von etwa 80 herzwirksamen Cardenolid-Primärglykosiden [4][18] (wie Purpureaglykosid A+B [4][18] (bis zu 0,4 % [18]), aus denen nach enzymatischer Abspaltung eines Moleküls Glucose die Sekundärglykoside Digitoxin [4][18] bzw. Gitoxin [4] entstehen), Glucogitaloxin, Digitalinum verum, Glucoverodoxin, u.a. >30 weitere herzwirksame Cardenolidglykoside [4]), Pregnanglykoside [4] (Digitanolglykoside [4], nicht herzwirksam [4]), Saponine [18]/Steroidsaponine [4] (hoher Gehalt [18], wie Digitonin [4]), Anthrachinone [4]

Pharmakologische Studienergebnisse

Die Droge selbst wird wegen ihrer geringen therapeutischen breite nicht verwendet (ausgenommen wenige homöopathische Zubereitungen) [4][18], sie dient ausschließlich als Ausgangsmaterial zur Gewinnung der Reinglykoside und partialsynthetisch abgewandelter Produkte (verschreibungspflichtig) [4], v.a. Digitoxin [PhEur] [18]; Zubereitungen der reinen Glykoside zum oralen Gebrauch (Tabletten oder Tropfen) oder zur Injektion werden sorgfältig eingestellt [18]; Digitalis (Digoxin und Digitoxin) wird seit 1785 zur Behandlung von Herzinsuffizienz, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen verwendet [18]; die Cardenolidglykoside hemmen selektiv die Na+/K+-ATPase und erhöhen somit indirekt die Ca2+-Konzentration intrazellulär in den Herzmuskelzellen [18], Digoxin und Digitoxin führen so zu einer Kontraktionskraftsteigerung (positiv inotrop), erhöhtem Schlagvolumen, Verlangsamung der Herzschlagfrequenz (negativ chronotrop) und durch eine Vaguserregung zu einer Verlangsamung der AV-Erregungsüberleitung im Herzen (negativ dromotrop) [18, Pharma]; Dies ist nur bei einer Herzinsuffizienz Stadium NYHA II und nur bei gleichzeitigem tachykardem Vorhofflimmern oder bestehenden Beschwerden nach adäquater Erstlinientherapie indiziert [Pharma]; Herzglykoside werden bei Tachyarrhythmie mit Vorhofflimmern und einer chronischen Linksherzinsuffizienz ab NYHA III eingesetzt [Pharma]; Homöopathisch bei Migräne einzusetzen [4]

Vergleiche zu ähnlichen Pflanzen

Die Sekundärglykoside Acetyldigitoxin und Acetylgitoxin stimmen mit den Sekundärglykosiden von Digitalis lanata überein [4]

Standortbesonderheiten (biochemisch / geoökochemisch)

Wirkstoffgehalt variabel, steigt bei Glashauspflanzen

Konservieren & Aufbewahren

Medizin & Rezepturen

Evidenzbasierte Medizin EbM / Monographien (Evidenzgrad I-IV)
Pharm. / labor. Studienergebnisse (Evidenzgrad V-VI)
Monographien (obsolet)
Traditionelle Volksmedizin
Homöopathie
Anthroposophische Medizin
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Wechselwirkungen
Darreichungsformen & Zubereitungen

Standardisierte Reinglykoside [4][18] (exakte Dosierungsmöglichkeit [4], v.a. das Digitoxin [4][18]) als rezeptpflichtige Fertigarzneimittel (Drogenpulver auf standardisierten Wirkstoffgehalt eingestellt) [4][18] als Tabletten [18] oder Tropfen [18] oder zur i.v.-Injektion [18], Äußerliche Drogenzubereitungen bzw. Glykosidgemische in Wundmitteln [4] oder Venentonika [4] sowie Augentropfen gegen Ermüdungserscheinungen beim Nahsehen [4]; Hom: Digitalis purpurea [4], "Digitalis" [HAB] [4]

Arzneimittel & Fertigpräparate (Beispiele)
Medizinische Rezepturen

[Standardisierte Zubereitungen]: TD 0,1-2 mg (manchmal in mehreren geringen Einzeldosen, je nach spezifischer Behandlung und eingesetztem Glykosidtyp, individuell auf jeden Patienten angepasst) [18]; [Digitoxin-Präparat/Digimerck]: TD 1 µg/kg KG (t1/2 = 3 Wochen, für schnellen Wirkeintritt während der ersten 3 Tage: TD ca. 3 µg/kg KG) [Pharma]; Digoxin-Präparat/Novodigal]: TD ca. 4 µg/kg KG (t1/2 = 3 Tage) [Pharma]

Rezepte - Essen & Trinken

Nutzpflanzenkunde & Ethnobotanik

Nutzung nichtmedizinisch

Fä, Zi [4][18]

Nutzung nichtmedizinisch (obsolet)
Ethnobotanische Bedeutung

Eth

Ethnobotanische Bedeutung (obsolet)

Quellenangaben

  • [4] Schönfelder I. & Schönfelder P. (2011): Das neue Handbuch der Heilpflanzen; Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart
  • [12] Haeupler H. & Muer T. (2007): Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands; Ulmer Verlag, Stuttgart
  • [18] Van Wyk B.E., Wink C., Wink M. (2004): Handbuch der Arzneipflanzen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
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Letzte Änderung

14.10.2024