Artemisia cina O.BERG et C.F.SCHMIDT (Zitwer)
Nomenklatur & Systematik
- Familie
Asteraceae
- Gattung (botanisch) / Sektion
Artemisia
- Artname (botanisch)
Artemisia cina O.BERG et C.F.SCHMIDT
- Synonyme (botanisch)
Seriphidium cinum (O.BERG) POLJAKOV.
- Gattung (deutsch)
Beifuß
- Artname (deutsch)
Zitwer
- Andere Artnamen & Volksnamen (international)
Barbotine (franz.), Cina (ger.), Levant wormseed (engl.), Meerstrand-Beifuß (ger.), Santonica (engl.), Sebersaat (ger.), Semencine (franz.), Welsamen (ger.), Wormseed (engl.), Wurmsaat (ger.), Wurmsamen (ger.), Zitwerbeifuß (ger.), Zitwerblüte (ger.), Zitwersamen (ger.)
Geobotanik & Ökologie
- Geographische Herkünfte (H) / Verbreitungen (V) / Anbaugebiete (A)
- ▪ H: Vorderasien (Iran) [1][4][14][24] bis Zentralasien (Kasachstan [1][4][24], Usbekistan [1], Kirgisistan [11][24], Turkestan [15][24], nordwestl. China [24]), Nordasien (Russland, ehemalige Sowjetunion) [15][24]
- ▪ V: Ostasien (nördl.-zentr. China) [1], Zentralasien (Xinjiang) [1][24]
- ▪ A: Deutschland (thüring. Salzgebiete) [24]
- Biotoptypen
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- Standortbedingungen
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- Standortfaktoren (Ökofaktoren)
- Licht
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- Temperatur
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- Feuchtigkeit
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- Wind
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- pH-Klasse
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- Stickstoff
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- Salz
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- Soziol. Pflanzencharakteristik
- Lebensform
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- Blattausdauer
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- Messtischblattfrequenz Mitteleuropas
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- Dominanz
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- Erntezeit
August-(September) [4]
Pharmazie & Pharmakologie
- Nebenwirkungen / Risikobemerkungen
- ▪ CAVE: Die Hauptinhaltsstoffe von Artemisia cina sind neurotoxisch, psychoaktiv und sehr giftig (Ib), v.a. das Santonin [24], dieses zeichnet sowohl für die neurotoxische als auch halluzinogene Wirkung der Pflanze verantwortlich [24]. Santonin wirkt dabei auf Gehirn und Rückenmark und stimuliert die motorischen Zentren. Im Körper wird die Substanz zu Hydroxysantonin metabolisiert, dieser Stoff bewirkt eine ausgeprägte Gelbfärbung des Urins [24]. Santonin greift v.a. am Gehirn und Rückenmark an, wo es durch Reizung der motorischen Zentren Bewusstlosigkeit, epileptiforme und Streckkrämpfe verursacht. Die Vergiftung äußert sich zunächst in Violett-, später in Gelbsehen (Xanthopsie), das wahrscheinlich als Folge einer Einwirkung auf die Retina anzusehen ist, starker Gallenbildung, Ikterus, Durchfällen; dazu treten Halluzinationen, Benommenheit, Schwindel, Pupillenerweiterung, Tränenfluss, Übelkeit mit Erbrechen und Speichelfluss, Dyspnoe, Konvulsionen der Gesichtsmuskeln, die bedingt sind durch Hyperämie des Gehirns, Delirien und Koma [11]. Schon bei gewöhnlichen Dosen kann Gelbsehen entstehen und Geruchshalluzinationen [11]. Auch Albuminurie, Hämaturie, Milzschwellung und Lähmung der unteren Extremitäten wurden nach Santoninverabreichung beobachtet. Weiterhin bewirkte Santonin eine Herabsetzung der Körpertemperatur [11]
- ▪ CAVE(max): Eine Menge von etwa 10 g getrocknetem Blütenmaterial ist für einen erwachsenen Menschen tödlich, die letale Dosis Santonin liegt dabei bei 15 mg/kg Körpergewicht [24]. Für ein Kind können bereits 60-300 mg tödlich sein, wobei sich die Menge nicht auf ein Kilogramm Körpergewicht bezieht, sondern die Gesamtdosis angibt [24]. Durch Überdosierungen kam es in den Zeiten, als noch keine sicheren Entwurmungsmittel verfügbar waren, häufig zu Vergiftungen, daher sollte, falls eine Verwendung notwendig sein sollte, die Droge nur in Form von Fertigpräparaten angewendet werden [24]. Denn durch die leichte Resorbierbarkeit des Santonins können bei unvorsichtigem Gebrauch Erbrechen, Mydriasis, Kopfschmerzen, Krämpfe und Bewusstlosigkeit eintreten, bei sehr großen Dosen sogar Lähmungen des Atemzentrums [11]. Die LD50 für Mäuse ist mit 900 mg/kg bei oraler Aufnahme, 130 mg/kg bei intraperitonealer Applikation, sowie 180 mg/kg bei intravenöser Verabreichung [24]
- ▪ CAVE(al): Obwohl Dermatitiden nach Kontakt mit Zitwer beschrieben worden sind, kommen die verschiedenen Santonine als Ursache nicht in Frage [11]
- Pflanzliche Inhaltsstoffe
- ▪ [Blütenknospen]: Bitterstoffe [4], Sesquiterpenlactone (in Blüten bis zu 6,5 % der TG) [4][24] (α- und ϐ-Santonin (1-3 % bzw. 6-7 %) [4][11][15][24], Artemisin (= α-Hydroxysantonin) [4][11][15][24]), Ätherisches Öl [4][15] (1,8-Cineol [4])
- ▪ [zusätzl. in Kraut]: Betain [24], Cholin [24], Gerbstoffe [15], Tannine [24], Farbstoffe [24], Ätherisches Öl [15][24] (v.a. 1,8-Cineol [24]), Harze [15]
- Pharmakologische Studienergebnisse
- ▪ Wurmwidrig gegen Spulwürmer (Askariden) und Madenwürmer (Oxyuren) [4]
- Vergleiche zu ähnlichen Pflanzen
- Standortbesonderheiten (biochemisch / geoökochemisch)
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- Konservieren & Aufbewahren
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Medizin & Rezepturen
- Evidenzbasierte Medizin EbM / Monographien (Evidenzgrad I-IV)
- ▪ [+] EbM/Monographien (Fertigarzneimittel, isol. Santonin):
- ►Magen-Darm: wurmwidrig [15]
- ▪ [+] EbM/Monographien (Fertigarzneimittel, isol. Santonin):
- Pharm. / labor. Studienergebnisse (Evidenzgrad V-VI)
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- Monographien (obsolet)
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- Anthroposophische Medizin
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- Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
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- Wechselwirkungen
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- Arzneimittel & Fertigpräparate (Beispiele)
- Medizinische Rezepturen
- ▪ [Fertigpräparate]: 3x tgl. Santoninum 0,1 g pro Einzeldosis [11]
- ▪ [Einzeldroge]: 1-2 g Einzeldosis (mit Honig oder Sirup gemischt: 1,5 g für 2-3-jährige Kinder, 3 g für 4-5-jährige Kinde, 4 g für 6-8-jährige Kinder, 5-6 g für 9-11-jährige Kinder, 7-8 g für 12-14-jährige Kinder) [11]
- ▪ [Erste Hilfe]: Kohle-Pulvis-Gabe oder Erbrechen auslösen, Natriumsulfat (Glaubersalz), viel trinken lassen [11]
- ▪ [Klinik-Therapie]: Magenspülung (evtl. mit burgunderfarbener Kaliumpermanganatlösung), Roticlean, Kohle- und Natriumsulfatinstillation, gegen Koliken Atropin, Elektrolytsubstitution, Azidoseausgleich mit Natriumbikarbonat (Urin pH 7,5), Kontrolle der Nierenfunktion, bei Krämpfen Diazepam (Valium) i.v., ggf. Intubation und Sauerstoffbeatmung [11]
- Rezepte - Essen & Trinken
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Nutzpflanzenkunde & Ethnobotanik
- Nutzung nichtmedizinisch
- ▪ [Zierpflanze]: k.A. [24]
- Nutzung nichtmedizinisch (obsolet)
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- Ethnobotanische Bedeutung
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- Ethnobotanische Bedeutung (obsolet)
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Quellenangaben
- [1] Royal Botanic Gardens (Kew) (ff): Plants of the World Online; https://powo.science.kew.org/
- [4] Schönfelder I. & Schönfelder P. (2011): Das neue Handbuch der Heilpflanzen; Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart
- [11] Roth L., Daunderer M., Kormann K. (2008): Giftpflanzen, Pflanzengifte; Nikol Verlags-GmbH
- [14] Hirsch S. & Grünberger F. (2006): Die Kräuter in meinem Garten; Freya Verlag, Linz
- [15] Pahlow M. (2006): Das große Buch der Heilpflanzen; Weltbild Verlag, München
- [18] Van Wyk B.E., Wink C., Wink M. (2004): Handbuch der Arzneipflanzen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
- [24] Wikipedia (ff): Die freie Enzyklopädie / The Free Encyclopedia; https://www.wikipedia.org/
- [25] Busse B. (ff): Eigene Darstellung; PlantaMedia
- Autoren
- Letzte Änderung
08.10.2023