Nomenklatur & Systematik

Familie

Apiaceae

Gattung (botanisch) / Sektion

Chaerophyllum

Artname (botanisch)

Chaerophyllum bulbosum L.

Synonyme (botanisch)

Anthriscus prescottii VEESENM., Chaerophyllum caucasicum (FISCH. ex HOFFM.) SCHISCHK., Chaerophyllum laevigatum VIS., Chaerophyllum neglectum N.W.ZINGER, Chaerophyllum rapaceum ALEF., Chaerophyllum verticillatum PERS., Myrrhis bulbosa (L.) SPRENG., Myrrhis tuberosa J.JUNDZ., Polgidon bulbosum (L.) RAF., Scandix bulbosa (L.) ROTH, Selinum bulbosum (L.) E.H.L.KRAUSE

Gattung (deutsch)

Kälberkropf

Artname (deutsch)

Knolliger Kälberkropf

Andere Artnamen & Volksnamen (international)

Bulbous chervil (engl.), Cerfoglio bulboso (ital.), Chérophylle bulbeux (franz.), Erdkastanie (ger.), Kerbelrübe (ger.), Knollenkerbel (ger.), Knollenwurzelkerbel (ger.), Knolliger Kerbel (ger.), Parsnip chervil (engl.), Pastinakenkerbel (ger.), Rüben-Kälberkropf (ger.), Rübenkerbel (ger.), Rübenwurzelkerbel (ger.), Tuberous-rooted chervil (engl.), Turnip-rooted chervil (engl.)

Geobotanik & Ökologie

Geographische Herkünfte (H) / Verbreitungen (V) / Anbaugebiete (A)
  • ▪ H: Mitteleuropa ((Alpenvorland), Mittelgebirgsgebiete des süddeutschen Schichtstufenlands (M1), Mittelgebirgsschwelle (M2), Flachland, Küstengebiete) [12], Mitteleuropa (Deutschland (Rhein- und Wesergebiet)) [24], Mitteleuropa (Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande) [1], Westeuropa (Frankreich) [1], Nordosteuropa (Baltikum, Weißrussland, Nordwesteuropäisches Russland) [1], Osteuropa (Polen, Tschechien, Slowakei, Ukraine, Mitteleuropäisches Russland, Osteuropäisches Russland) [1], Südosteuropa [24][25], Südosteuropa (Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Griechenland, Nordkaukasus, Südeuropäisches Russland) [1], Südeuropa (Italien) [1][24], Vorderasien [24][35], Vorderasien (Transkaukasus, Türkei, Türkei-in-Europa, Iran) [1], Zentralasien (Kasachstan, Kirgisistan, Turkmenistan) [1]
  • ▪ V: Mitteleuropa (Belgien) [1], Nordeuropa (Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden) [1], östl. Nordamerika (Washington D.C.) [1]
  • ▪ A: Europa [24], Westeuropa (Frankreich (Loire-Tal), nördl. Großbritannien) [24]
Klimazonen

VI-Feuchte Mittelbreiten [25], VII-Trockene Mittelbreiten [25], VIII-Boreale Zone [25]

Klimaregionen (Mikroklimata)

gemäßigtes Klima [25], nördlich-gemäßigtes Klima [25], boreales Klima [25], subkontinentales Klima [25], kontinentales Klima [25], submeridionales Klima [24][25], submediterranes Klima [25]

Biotoptypen
  • ▪ L4.4.~ kleine, langsam fließende Gräben [12]
  • ▪ L5.2.5.2 Knollenkälberkropf-Auensäume (Chaerophylletum bulbosi) [24]
  • ▪ T8.2.1.1 frische Brennessel-Giersch-Säume, nährstoffreicher Krautsaum (T8.2.2.7) [12][24]
Standorttypen

Gebirge [25], Gebirge (kolline Stufe) [35], Flachland [25], Küstengebiete [25], Gebüsche [35], Wälder (feucht) [35], Uferstellen (Flussufer) [24][35], Stromtäler [24], Staudenfluren (Auenlandschaften) [24], Säume [24][25], Ruderalstellen [24], Gräben [25], Gärten [24]

Standortbedingungen

feuchter Standort [24], halbschattiger Standort [25], lichter Standort [25], warmer Standort [25], milder Standort [25]

Bodentypen / Bodenbedingungen

leichter Boden [24], fruchtbarer Boden [24], gedüngter Boden (nicht frisch gedüngt) [24], stickstoffreicher Boden [24], nährstoffreicher Boden [24], mäßig feuchter Boden [24], feuchter Boden [25], wasserzügiger Boden [24], rieselnasser Boden [24], basenreicher Boden [24]

Standortfaktoren (Ökofaktoren)
Licht

6: Halbschatten bis Normallicht [25][33], 7: Normallicht/Halblicht [21]

Temperatur

6: Mild bis warm [21], 7: Warm [25], 8: Warm bis sehr warm [33]

Feuchtigkeit

6: Frisch bis feucht [24][25], 7: Feucht [21][24][33], 8: Feucht bis nass [33], 9: Nass [33]

Wind

5: Intermediär [21], 6: Subkontinental [25], 7: Subkontinental bis kontinental [25], 8: Kontinental [33]

pH-Klasse

7: Neutral bis schwach basisch [33], 8: Basisch [21]

Stickstoff

8: Ausgesprochen stickstoffreich [21][33]

Salz

0: Salzlos [21][33]

Soziol. Pflanzencharakteristik
Lebensform

T: Therophyt, kurzlebig (einjährig) und ungünstige Zeiten als Samen überdauernd [21][24], G: Geophyt, Überwinterungsknospen unter der Erdoberfläche, meist mit Speicherorganen [21], H: Hemikryptophyt, Überwinterungsknospen nahe der Erdoberfläche [35]

Blattausdauer

S: Sommergrün, nur in der wärmeren Jahreszeit mit grünen Blättern [21]

Messtischblattfrequenz Mitteleuropas

5: weder selten noch häufig, d.h. in etwa 25% der Felder [21]

Dominanz

6: manchmal herrschend, zwischen 5 und 7 vermittelnd [21]

Blütezeit

Juni-August [24][35]

Erntezeit

Juli-September [24]

Pharmazie & Pharmakologie

Giftigkeit / Risikopotential
  • ▪ essbar: Pflanzenteile essbar [24][25]
  • ▪ 0: wenig oder kaum giftig, ungenießbar [11]
Nebenwirkungen / Risikobemerkungen
  • ▪ CAVE: Der Verzehr der Früchte kann zu Kopfschmerzen und Schwindel führen [11]
Giftige / Allergene Pflanzenteile

Kraut [11], Frucht [11]

Nutzbare Pflanzenteile
  • ▪ [Essbare Wildpflanze, Gemüsepflanze, Gewürzpflanze, Lebensmittelpflanze]: Wurzelknolle [24]
Pflanzliche Inhaltsstoffe
  • ▪ [Wurzelknolle]: Zucker (bis 5 %) [24], Ballaststoffe (hoher Gehalt) [24], Stärke (bis 57 %) [24], Proteine [24], B-Vitamine [24], Vitamin C [24], Mineralstoffe [24]
Pharmakologische Studienergebnisse
-
Vergleiche zu ähnlichen Pflanzen
  • ▪ Der Geschmack der Wurzelknolle des Kälberkropfes kommt dem von Esskastanien am nächsten. Roh gegessen ist der Geschmack der Knolle süßlich und etwas scharf wie Rettich, aber die gekochte Knolle ergibt einen dezenten Geschmack von Kartoffeln und Kastanien mit einem leicht scharfen Geschmack von Sellerie und Pastinaken [24]. Wurzeln, die gefroren waren, haben ein Aroma, das an Haselnuss erinnert [24]
  • ▪ Die Wurzeln haben die gleiche Stärkequalität wie Kartoffeln [24]
  • ▪ In den 1580er Jahren wurden auf dem Wiener Markt Knollen von Knollenkerbel gefunden. Im Jahr 1846 gelangten die Knollen nach Frankreich. 16 Jahre später traten die Knollen aufgrund der Kraut- und Knollenfäule der Kartoffeln, Phytophthora infestans, noch stärker in den Vordergrund und wurden zunehmend als Ersatz für Kartoffeln angebaut. Am Ende des 20. Jh. konzentrierten sich Züchtungsprogramme vor allem wegen ihres delikaten Geschmacks auf diese Alternativpflanze. [24]
  • ▪ Der Anbau ähnelt dem von Karotten und Pastinaken [24]
  • ▪ Vom Frühjahr bis Juni wird die Kultur unkrautfrei gehalten und nach Bedarf bewässert [24]
  • ▪ Als Partner in der Mischkultur eignen sich als Zwischenpflanzung im Frühjahr Zwiebeln und danach Salat. Beide werden vor der Kerbelrübe geerntet [24]
  • ▪ Aufgrund der Kurzlebigkeit der Samen (besonders in trockenen Samenpackungen) ist es für den Anbau nahezu zwingend erforderlich, die Samen direkt wieder nach der Ernte auszusäen. Aus diesem Grund und aufgrund des geringen Ertrags und der schlechten Keimung der Samen hat sich Chaerophyllum bulbosum im kommerziellen Anbau kaum ausgebreitet, hat jedoch Bedeutung im Hausgarten [24]
  • ▪ Die Pflanzung ist nicht üblich, weil es die Kultur unwirtschaftlich macht und das Keimergebnis unregelmäßig ausfällt. Die Saat keimt erst im Frühjahr, da die Keimruhe gebrochen werden muss. Dies erfolgt erst bei mindestens 8 Wochen anhaltender Feuchte und Temperaturen unter 5 °C. Nach der Stratifikation ist für die Keimung ein Temperaturbereich von 5-10 °C am besten. Bei Temperaturen >25-30 °C kommt es zu deutlicher Keimhemmung [24]
Standortbesonderheiten (biochemisch / geoökochemisch)
  • ▪ Der Geschmack der Wurzel ist von Dezember bis März am besten [24]
  • ▪ Ein Großteil des Geschmacks kommt von der Schale der Knolle. Das Aroma intensiviert sich, je länger die Pflanze gelagert wird [24]
  • ▪ Wird die Knolle direkt nach der Ernte noch 4 Monate bei 4 °C gelagert wird ein großer Teil der Stärke in Zucker umgewandelt. Während der Lagerung erhöht sich der Zuckergehalt durch Hydrolyse der Stärke durch Amylasen [24]
  • ▪ Die Heimische Kerbelrübe (Chaerophyllum bulbosum subsp. bulbosum) enthält getrocknet bis zu 57 % Stärke und 5 % Zucker. Die Sibirische Kerbelrübe (Chaerophyllum bulbosum subsp. prescottii) enthält mit etwa 17 % deutlich weniger Stärke [24]
Konservieren & Aufbewahren
  • ▪ Nach der Ernte werden die Knollen einige Monate kalt gelagert [24]. Aufbewahrt werden die unterirdischen Pflanzenteile vom Knolligen Kälberkropf wie die von Pastinaken, Wurzelpetersilie oder Karotten in feuchtem, nicht nassem Sand, oder in Folienbeuteln bei 4 °C [24]
  • ▪ Die Lagerung der Samen in kühlem und leicht feuchtem Sand kann dazu beitragen, die Vitalität der Samen zu erhalten [24]

Medizin & Rezepturen

Evidenzbasierte Medizin EbM / Monographien (Evidenzgrad I-IV)
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Pharm. / labor. Studienergebnisse (Evidenzgrad V-VI)
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Monographien (obsolet)
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Traditionelle Volksmedizin
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Homöopathie
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Anthroposophische Medizin
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Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
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Wechselwirkungen
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Darreichungsformen & Zubereitungen
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Arzneimittel & Fertigpräparate (Beispiele)
Medizinische Rezepturen
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Rezepte - Essen & Trinken
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Nutzpflanzenkunde & Ethnobotanik

Nutzung nichtmedizinisch
  • ▪ [Essbare Wildpflanze]: Die Wurzelknollen der Pflanze sind essbar [25]
  • ▪ [Gemüsepflanze]: Der Knollige Kälberkropf ist eine wenig bekannte Gemüseart und ein seltenes Feinschmeckergemüse. Erst einige Monate nach Einzug der Blätter Ende Herbst entwickelt die Wurzel des Knolligen Kälberkropfs richtig Aroma. Die Pflanze wird in Teilen Europas in kleinem Maßstab wegen der essbaren Knollen angebaut, die wie eine dunkelgraue Karotte mit gelblich-weißem Fruchtfleisch aussehen [24]. Die Knolle wird wie anderes Wurzelgemüse gekocht [24]
  • ▪ [Gewürzpflanze]: In der Küche zum Würzen verwendet [24]
  • ▪ [Lebensmittelpflanze/Nahrungsmittelpflanze]: Zubereitet wird die Knolle ähnlich den Teltower Rübchen, jedoch nur die großen. Sie werden auch ähnlich wie Frühkartoffeln geschmort und als Beilage serviert. Die kleiner fallenden Wurzeln können besser für Suppe oder Ragout zubereitet werden. Das Knollenfleisch lässt sich nach dem Kochen leicht von der Wurzelhaut trennen und herausdrücken [24]
Nutzung nichtmedizinisch (obsolet)
  • ▪ [Kulturpflanze]: Wurde früher z.B. in der Schweiz als Gemüsepflanze angebaut [35]. Auch im Mittelalter wurde die Pflanze angebaut, überlebte jedoch nur als Gartenpflanze in Frankreich ohne benannte Sorten [24]
  • ▪ [Gemüsepflanze]: Im 19. Jh. war es ein beliebtes Gemüse [24]
  • ▪ [Lebensmittelpflanze/Nahrungsmittelpflanze]: Auch die Blätter der jungen Pflanze und geschälte Pflanzenteile wurden früher in der Küche verwendet. Diese wurden als Kräutersuppe zubereitet, als Spinatersatz gegessen oder zu Salat als Würze gegeben [24]
Ethnobotanische Bedeutung
-
Ethnobotanische Bedeutung (obsolet)
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Quellenangaben

  • [1] Royal Botanic Gardens (Kew) (ff): Plants of the World Online; https://powo.science.kew.org/
  • [11] Roth L., Daunderer M., Kormann K. (2008): Giftpflanzen, Pflanzengifte; Nikol Verlags-GmbH
  • [12] Haeupler H. & Muer T. (2007): Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands; Ulmer Verlag, Stuttgart
  • [21] Ellenberg H., Weber H.E., Düll R., Wirth V., Werner W., Paulißen D. (1992): Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Band 18; Erich Goltze Verlag, Göttingen
  • [24] Wikipedia (ff): Die freie Enzyklopädie / The Free Encyclopedia; https://www.wikipedia.org/
  • [25] Busse B. (ff): Eigene Darstellung; PlantaMedia
  • [33] Landolt E., Bäumler B., Erhardt A., Hegg 0., Klölzli F., Lämmler W., Nobis M., Rudmann-Maurer K., Schweingruber F. H., Theurillat J., Urmi E., Vust M., Wohlgemuth T. (2010): Flora indicativa. Ökologische Zeigerwerte und biologische Kennzeichen zur Flora der Schweiz und der Alpen; Haupt Verlag
  • [35] Lauber K., Wagner G., Gygax A. (2018): Flora Helvetica - Illustrierte Flora der Schweiz; Haupt Verlag
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Letzte Änderung

25.02.2024