Nomenklatur & Systematik

Familie

Rosaceae

Gattung (botanisch) / Sektion

Potentilla

Artname (botanisch)

Potentilla erecta (L.) RAEUSCH.

Synonyme (botanisch)

Potentilla tormentilla NECK., Potentilla sylvestris NECK., Tormentilla erecta L., Potentilla laeta SALISB.

Gattung (deutsch)

Fingerkraut

Artname (deutsch)

Blutwurz

Andere Artnamen & Volksnamen (international)

Common Tormentil (engl.), Dilledapp (ger.), Durmedill (ger.), Durmentill (ger.), Erect Cinquefoil (engl.), Heidecker (ger.), Natter(n)wurz (ger.), Rotwurz (ger.), Ruhrwurz (ger.), Septfoil (engl.), Siebenfinger (ger.), Tormentil (engl.), Tormentilla (ital.), Tormentille (franz.), Tormentill (ger.)

Geobotanik & Ökologie

Geographische Herkünfte (H) / Verbreitungen (V) / Anbaugebiete (A)

H: M-Eu (Alp, AV, M1, M2, Kg) [12][18], O-Eu [18]; V: N-Eu [4], M-Eu [4], N-As [4]

Klimazonen

6, 8

Klimaregionen (Mikroklimata)

ozeanisches Klima [25], atlantisches Klima [25], subatlantisches Klima [25], subkontinentales Klima [25], submediterranes Klima [25], gemäßigtes Klima [25], boreales Klima [25]

Biotoptypen

T1.1.2.5, T6.2.2.2.3, T6.2..5.4, T7.1.3, T7.3

Standorttypen

Gebirge [25], Bergregionen [25], Küstengebiete [25], Wiesen (Streuwiesen) [4], Moore [4], Wälder (licht) [4], Wälder (Laubmischwald) [25], Wälder (Laubwald, v.a. Eiche) [25], Wälder (Laub- und Nadelmischwald) [25], Rasen (mager) [4][25], Rasen (trocken) [25], Rasen (halbtrocken) [25], Wiesen [25], Weiden [25], Wiesen (Fettwiese) [25], Wiesen (Feuchtwiese) [25]

Standortbedingungen

halbschattiger Standort [25], lichter Standort [25]

Bodentypen / Bodenbedingungen

stickstoffarmer Boden [25]

Standortfaktoren (Ökofaktoren)
Licht

6

Temperatur

x

Feuchtigkeit

x

Wind

3

pH-Klasse

x

Stickstoff

2

Salz

0

Soziol. Pflanzencharakteristik
Lebensform
Blattausdauer
Messtischblattfrequenz Mitteleuropas
Dominanz
Blütezeit

V-VIII [4]

Erntezeit

Pharmazie & Pharmakologie

Giftigkeit / Risikopotential
Nebenwirkungen / Risikobemerkungen

CAVE: Bei empfindlichen Personen kann es wegen des hohen Gerbstoffgehaltes bei innerlicher Anwendung zu Magenbeschwerden kommen! [4]; Bei länger als 2 Tage anhaltenden oder mit Blutbeimengungen oder Fieber einhergehenden Durchfällen sollte ein Arzt aufgesucht werden! [4]

Giftige / Allergene Pflanzenteile
Nutzbare Pflanzenteile

M: Getrocknetes Rhizom ohne Wurzel (Tormentillae rhizoma) [Pharm, PhEur, Komm.E+] [4][18]

Pflanzliche Inhaltsstoffe

[Rhizom]: Catechingerbstoffe/Gerbstoffe (vom Catecholtyp) (15-20 %, bis zu 22 %) [4][18], Hydrolisierbare Gerbstoffe [18] (Ellagitannine [4][18] (Agrimoniin [4][18], Pedunculagin [4])), Catechingallate [18], Kondensierte Gerbstoffe (in Form von Oligomeren Proanthocyanidinen/OPC's (bis zu 20 %) [18]), Triterpene/Triterpensaponine [4][18] (u.a. Tormentosid (Glucosid der Tormentillsäure) [4][18]), Flavonoide [4], Phenolcarbonsäuren [4]

Pharmakologische Studienergebnisse

Bakterienhemmende, virushemmende, blutdrucksenkende, antiallergische und immunstimulierende Wirkungen wurden nachgewiesen [4], finden jedoch noch keine Verwendung [4]; Die medizinischen Eigenschaften lassen sich zumindest teilweise auf die Gerbstoffe und Triterpene zurückführen [18]; Gerbstoffe wirken adstringierend und interagieren verbreitet mit Proteinen, was zu den antimikrobiellen, antiviralen und durchfalllindernden Effekten führt [18]; Triterpene können Cortison imitieren und so möglicherweise zu den weiteren Eigenschaften beitragen: Die Droge wirkt entzündungshemmend, blutzuckersenkend, blutdrucksenkend, immunstimulierend, antiallergisch wie auch Interferon-induzierend [18]; Catechine bewirken eine natürliche TNF-alpha-(Tumornekrosefaktor)-Hemmung [Pharma]

Vergleiche zu ähnlichen Pflanzen

Da das gerbstoffreiche Rohmaterial der arzneilich verwendeten Peru-Ratanhia (Krameria lappacea) knapp ist, wurden die gerbstoffreichen Wurzeln von Potentilla erecta als Alternative vorgeschlagen [18]

Standortbesonderheiten (biochemisch / geoökochemisch)

Hoher Gerbstoffgehalt [4], die Catechingerbstoffe schwanken zwischen 15-20 % [4] und gehen bei der Lagerung in weniger lösliche Phlobaphene ("Tormetillrot") über [4]; Der frische Tormentillwurzelstock verfärbt sich beim Anschneiden blutrot (daher der Name "Blutwurz") [4], getrocknet ist er dunkelrot-braun und zeigt gelbliche Wurzelnarben [4]; Die Droge stammt v.a. aus Wildsammlungen in O-Europa [18]

Konservieren & Aufbewahren

Medizin & Rezepturen

Evidenzbasierte Medizin EbM / Monographien (Evidenzgrad I-IV)

M(Rhizom): unspezifisch akute Magendarmstörungen (2) [4], leichte Magendarmstörungen [4][18], Ruhr [18], Schleimhautentzündungen (Mund- und Rachenraum) [4][18], Prothesendruckstellen [4], adstringierend (3) [4], adstringierend [18]

Pharm. / labor. Studienergebnisse (Evidenzgrad V-VI)

M(Labor, Drogenextrakte, Gerbstoffe, Triterpene): adstringierend [18], antimikrobiell [18], bakterienhemmend [4], virushemmend [4], antiviral [18], durchfalllindernd [18]; M(Labor, Drogenextrakte, Triterpene): Cortison imitierend [18], entzündungshemmend [18], blutzuckersenkend [18], blutdrucksenkend [4][18], immunstimulierend [4][18], antiallergisch [4][18], Interferon-induzierend [18]

Monographien (obsolet)
Traditionelle Volksmedizin

V: wundheilungfördernd [4][18], Hauterkrankungen [18], Blutungen [18], Parodontose [18], Verbrennungen [18], Kapillarbrüchigkeit [18], Hämorrhoiden [4][18]

Homöopathie

Hom: blutstillend [4]

Anthroposophische Medizin
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Wechselwirkungen
Darreichungsformen & Zubereitungen

M: Drogenextrakte/Tinkturen in Fertigarzneimitteln [4][18]; M/V: Teeaufguss [4][18], Waschungen [4][18], Spül- und Gurgelmittel [4][18], Mundsprays [18]; Hom: Potentilla erecta [4], "Tormentilla" [HAB] [4]

Arzneimittel & Fertigpräparate (Beispiele)
Medizinische Rezepturen
  • ▪ [Teeaufguss]: 2-3x tgl. 1/2 TL bzw. 2-3 g Rhizom/Tasse (kochendes Wasser, 10-15 min ziehen oder mit kaltem Wasser ansetzen, kurz zum Sieden erhitzen, nach einigen Minuten abseihen, zwischen den Mahlzeiten trinken) [4][18]
  • ▪ [Spül- und Gurgelmittel]: Möglichst alle 2 Std. lauwarmen Tee verwenden oder 10-20 Trpf. der Tinktur (aus Apotheke) auf 1 Glas Wasser (zum Pinseln des Zahnfleisches die unverdünnte Tinktur nehmen) [4][18]
  • ▪ [Wurzeltee - bei Zyklusstörungen]: Zutaten: Alantwurzel, Blutwurz und Engelwurz zu gleichen Teilen (frisch oder getrocknet). Zubereitung: Frische Wurzeln gut säubern, klein schneiden und mischen. Getrocknete Wurzeln vermischen. 250 ml Wasser in einem Topf zum Kochen bringen. 1 EL der frischen oder 1 TL der getrockneten Wurzeln zugeben und 5-10 Minuten köcheln lassen. Dann abseihen. Anwendung: Als Kur 3 Tassen Wurzeltee über den Tag verteilt trinken. Nach 6 Wochen mindestens 2 Wochen pausieren. Die Mischung wirkt ausgleichend und reguliert den Rhythmus des Menstruationszyklus - auch während der Wechseljahre. [95] (2/2023)
  • ▪ [Blutwurz-Tee - bei Durchfall, bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum]: Zutaten: 1 TL fein geschnittene Blutwurzwurzel; Zubereitung: Die Wurzelstückchen mit einer Tasse kaltem Wasser zum Sieden bringen. Einige Minuten köcheln lassen, dann durch ein feines Sieb abgießen. Bei Durchfall 3 Tassen täglich trinken. Bei Zahnfleischentzündungen oder Halsschmerzen mehrmals über den Tag verteilt mit dem Tee spülen beziehungsweise gurgeln. Innerlich nicht länger als 3 Tage anwenden.[95] (4/2024)
  • ▪ [Blutwurz-Tinktur - bei Durchfall, bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum]: Zutaten: 50 g fein geschnittene Blutwurzwurzel, 250 ml Alkohol (70%); Zubereitung: Die Blutwurzwurzel in ein ausgekochtes Glas mit Schraubdeckel füllen. Mit dem Alkohol randvoll aufgießen, verschließen und gut durchschütteln. Bei Zimmertemperatur 6 Wochen ziehen lassen. Hin und wieder schütteln. Durch ein feines Sieb in Tropffläschchen abgießen. Anwendung: Bei Durchfall 3- bis 5-mal täglich 10-20 Tropfen in ein Glas Wasser geben und trinken. Bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum 20 Tropfen in ein Glas Wasser geben und den Mund damit spülen oder gurgeln. Bei Zahnfleischentzündung ein Wattestäbchen mit der unverdünnten Tinktur tränken und auf die betroffene Stelle tupfen. [95] (4/2024)
Rezepte - Essen & Trinken

Nutzpflanzenkunde & Ethnobotanik

Nutzung nichtmedizinisch

[12], Zi [12]

Nutzung nichtmedizinisch (obsolet)
Ethnobotanische Bedeutung

Eth [12]

Ethnobotanische Bedeutung (obsolet)

Quellenangaben

  • [4] Schönfelder I. & Schönfelder P. (2011): Das neue Handbuch der Heilpflanzen; Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart
  • [12] Haeupler H. & Muer T. (2007): Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands; Ulmer Verlag, Stuttgart
  • [18] Van Wyk B.E., Wink C., Wink M. (2004): Handbuch der Arzneipflanzen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
  • [25] Busse B. (ff): Eigene Darstellung; PlantaMedia
  • [95] LandAPOTHEKE (ff): Heilen und Pflegen nach alter Tradition; FUNKE Lifestyle GmbH
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Letzte Änderung

20.11.2024